Baseball: Ein Sport der die Bezeichnung Spiel noch verdient hat
Daß Fußball den Akteuren wirklich Spaß macht, gilt nur noch im Falle des Siegens. Bis hinab in die Kreisklassen zählt vor allem der Erfolg, aus dem Spiel ist zum Teil bitterer Ernst geworden. Kein Wunder, wenn sich „verspielte“ Freizeitsportler anderen, streßfreieren Körperertüchtigungen zuwenden: in Wolfsburg zum Beispiel dem Baseball der Marke „Yahoos“.
„Rohlinge“ heißt das aus der Muttersprache dieses Spiels ins Deutsche übersetzt. Und wenn einen der Catcher durch seine Gesichtsmaske anschaut und die anderen Spieler mit ihren massiven Schlägern daherkommen, mag man dem Klang des Wortes glauben. Doch Prügelknaben sind die Zweitliga Schlagballer des TSV Wolfsburg nur an dem kleinen, knallharten Leder, das sie unbedingt über den etwa 110 Meter entfernten Zaun dreschen wollen.
Der Spaß stand für die Yahoos bislang im Vordergrund, bestätigt Second Baseman Swen Krauß. Doch mit dem Aufstieg aus der Verbandsliga und dem Einstieg des Amerikaners Ronald Lee Rice als ehrenamtlicher Trainer stehen die Weichen auf Härte. „Da muß mehr Disziplin rein“, sagt der frühere Highschool- und Army-Baseballer. Dennoch ist nicht zu befürchten, daß die Rohlinge zu verbissenen Halbprofis werden. Zum einen ist Baseball in Deutschland (noch) eine Randsportart, und zum anderen hat dieser Sport die Bezeichnung Spiel vollauf verdient. Neben Antrittsschnelligkeit, Konzentration, Taktik und Kraft spielt das Glück eine ganz gewichtige Rolle – und dies geben die Akteure auch ganz unbefangen zu. Zwar gewinnt auch in anderen Sportarten oft der Glücklichere; doch Spieler, Trainer, Zuschauer und auch wir, die Presse, finden immer „objektive Gründe“ für Sieg und Niederlage. Höchstens das Glück des Tüchtigen wird als existent zugegeben.
Dennoch vertrauen die Yahoos darauf, daß sich auf Dauer auch ihre Qualitäten durchsetzen. Die Erste Baseball Bundesliga ist anvisiert. „Aber nicht sofort“, ergänzt Ronald Lee Rice. Kontinuierliche Aufbauarbeit und der Klassenerhalt sind seine Ziele für die erste Zweiliga-Saison.
Dafür trainieren die Schönwetter Sportler auch jetzt im Winter schon: Treffsicherheit beim Wurf und das Feldspiel in der Abwehr stehen zwei mal in der Woche auf dem Programm, im Sommer kommt an einem dritten Trainingstag die Schlagtechnik noch hinzu. Der Nachwuchs – inzwischen rund 30 Kids – trifft sich mittwochs um 18 Uhr in der IGS Westhagen.
Auf den Nachwuchs bauen Rice und seine Mannschaft. „Wenn die Jungs so weiter machen, verdrängen sie mich bald aus dem Team“, sagt Outfielder Thorsten Huhnholz fröhlich. Spaß hätte er wohl auch in einer noch zu gründenden zweiten Mannschaft der Yahoos und daran, wenn über zunehmende Qualität der Stellenwert des Baseball in Deutschland gesteigert würde.
