10. Mai 1993 - Wolfsb. Allgemeine Zeitung - 0 Kommentare

Von Geheimsprache und Diebesbeute

Baseball, 2. Liga: Die Yahoos starten mit 2:1 und 6:2 gegen Bielefeld erfolgreich in die Saison

Der Mann mit der blauen Mütze am Spielfeldrand macht einen hektischen Eindruck. In schneller Folge reibt er sich die Nase, zupft sich am Ohr, streckt Finger in die Luft und wischt sich mit der Hand über den Arm. Die Geheimsprache des Baseballs.

Dieser stumme Dialog zwischen Trainer, Schlagmann und Feldspielern war oft zu sehen bei der Heimpremiere der Wolfsburger Yahoos in der 2. Bundesliga. Und die gelang vor 200 Zuschauern: Zwei Siege gegen die Bielefeld Red Roosters 2:1 und 6:2 – knapp. Aber wer wollte den Yahoos, dem Aufsteiger, etwas Lampenfieber verdenken? So zählte das Stirnrunzeln von Trainer Ronald Lee Rice nicht zum Repertoire der geheimen Gesten. Bielefeld, allgemein schwach eingeschätzt, erwies sich als harte Nuß, insbesondere weil die Yahoos nach den guten Testeindrücken unverständlich nervös agierten.

Die Geheimsprache und Diebesbeute
Die Geheimsprache und Diebesbeute

Gute Schläge gelangen kaum. So war es im ersten Spiel Sascha Stäritz, der den Zug ohne Schlag auf das richtige Gleis setzte. Erstahl den Bielfeldern eine Base zum 1:1. Stehlen zählt zum guten Ton beim Baseball, ist aber riskant. Hier ging die Rechnung auf. Udo del Gallo machte den zweiten Punkt im ersten Match. Und versuchte sich im zweiten Spiel gegen Bielefeld ebenfalls im Stehlen. Doch das will nicht nur gelernt, sondern auch im rechten Moment versucht sein.

Bei del Gallo ging’s schief. Ronald Lee Rice ballte die Faust in der Tasche, als del Gallo los flitzte, aber zu spät an der Home-Base ankam. Im fünften Inning allerdings platzte der Knoten bei den Yahoos. 4:0 – am Ende 6:2. Vier Punkte als fette Beute zum Saisonstart. Da war Schluß mit aller Geheimsprache. Arme und Fäuste reckten sich zu eindeutiger Siegesgeste.

Wo die Yahoos nun stehen, bleibt offen. Der kommende Gegner am nächsten Wochenende heißt Buxtehude. Ein schwerer Brocken, Meisterschaftsfavorit. Andererseits: auswärts sind die Wolfsburg Yahoos oftmals besser als zu Hause.

Nervös brauchen sie dann nicht mehr zu sein. Ronald Lee Rice wird seine Schützlinge bis dahin noch ein wenig fordern. „Die Jungs müssen auch mal sliden“, meint er. Sprich Richtung Base rutschen, wenn es eng wird. Das geht im entscheidenden Augenblick schneller als durchzulaufen, kann aber wehtun. Damit werden sich Wolfsburgs beste Baseballer abfinden müssen – gestohlene Punkte hin, Geheimsprache her, Siege lassen Schmerz vergessen.